Klemens Luger Klemens Luger

2 - Verlag oder Eigenverlag?

Bevor du dir diese Frage stellst, sollte natürlich schon einiges zum Brettspiel passiert sein. Warum mache ich so bald schon einen Blog-Eintrag dazu?
Es ist gut zu wissen, was denn alles auf einen zukommt, wenn man sich so ein Projekt vornimmt.

Ich habe die Frage ob Verlag oder Eigenverlag gar nicht in Betracht gezogen, da ich ohnehin all die Erfahrungen des Eigenverlages machen wollte. Als sich dann allerdings doch mehr Informationen aufgetan haben, hatte ich bereits jede Menge Zeit, teilweise auch Mittel aufgewandt, die mit einem Verlag vermutlich einfach verschwendet gewesen wären.

Ich muss dazu sagen, ich habe bis zu einem sehr späten Zeitpunkt mit keinem Verlag persönlich gesprochen. Ich habe jedoch in vielen Erfahrungsberichten gelesen, dass Verlage teilweise sehr große Änderungen an Brettspielen vornehmen, zum Beispiel eigene Artworks verwenden, obwohl bereits aus eigener Tasche in Artworks investiert wurde. Manchmal wird wohl auch das komplette Thema geändert, wenn es aus Marketing-Perspektive für sie mehr Sinn ergibt. Weiters legen die Verlage natürlich auch die Komponenten fest, welche natürlich minderwertiger sein können, als man es sich wünscht (manchmal auch besser als erwartet).
Von einem Reddit User habe ich gelesen, dass man zwischen 4-8 % Tantiemen vom MSRP (empfohlenen Verkaufspreis) erhält. Es kommt natürlich auch darauf an ob ein Spiel schon erschienen ist bzw. wie erfolgreich und beworben es vielleicht schon ist.

Im Eigenverlag übernimmt man als Spieldesigner nicht nur das Spieldesign, die Spieletests, den Prototyp und die Spielregeln, sondern sehr viel mehr. Man kümmert sich um Firmengründung, Finanzen, Koordination und Risiken, die nötig sind, um das Spiel auf den Markt zu bringen. Man arbeitet mit Illustratoren und Grafiker, um dem Spiel Atmosphäre und Leben einzuhauchen. Man beschafft Informationen und Kontakte zu Hersteller, Materialien, Auflage und Übersetzung (falls mehrsprachig) für die Produktion und Organisiert die Distribution und Lagerung, die nötig sind, um das Spiel an Kunden oder Händler weiterzuverkaufen. Und sofern man sich nicht bereits irgendwo einen Namen gemacht hat: um die Werbung. Wenn niemand von einem Brettspiel weiß, wird es auch niemand kaufen.

Wie man hier unschwer erkennen kann, ist der Anteil des Spieldesigns wirklich nur einer von vielen Schritten, die nötig sind, um sein Brettspiel im Laden nebenan zu finden.

Wenn du wirklich nur deine Spielidee als Spieldesigner verwirklichen möchtest, aber mit dem Drum und Dran nichts zu tun haben willst, arbeite deinen Prototypen schön aus und mach ein cooles Verkaufsblatt für Verlage. Um Artworks brauchst du dich hier nicht viel kümmern.
Im Eigenverlag hat man wirklich viel Aufwand und viel zu lernen, man baut sich aber auch etwas Langfristigeres auf. Ein Team zu haben, macht das Ganze deutlich angenehmer, wenn es allerdings das erste Projekt ist und das Team nicht nur aus Kostengünstigen Freunden besteht, erhöht es auch die Kosten. Werbung von so einem Projekt bleibt allerdings auch für zukünftige Brettspiele erhalten, sofern es gut umgesetzt wurde.

Was hat sich seit dem ersten Kickstarter-Versuch (Fehlgeschlagen 2021) zu diesem Thema getan:
Auf der Spiel 2021 in Essen hatte ich Termine mit Publishern und darunter welche, die sich auf Lokalisierung spezialisiert haben. Letztere kümmern sich vor allem um die Übersetzung von fertigen Spielen, um sie auch in anderen Sprachen in unterschiedlichen Ländern zu vertreiben. Generell ist so ein Partner sowohl vor, als auch nach einem Kickstarter, sehr interessant. Denn hier geht es um größere Auflagen, die produziert und verkauft werden.

Allerdings muss mein Spiel überhaupt erst mal interessant für diesen Publisher sein. Wird eine Auflage eines Spiels über Kickstarter produziert, sind Design, Komponenten und Preis bis auf Weiteres festgesetzt. Wenn nun das Design wie z.B.: Cover und Schachtelgröße für den Publisher mit dem Preis nicht zusammenpasst, wird es schon mal schwierig diesen Publisher an Land zu ziehen. Diese Kombination aus Ersteindruck und Preiserwartung eines Spiels ist natürlich auch für einen Kickstarter relevant, aber für einen Publisher hat sie oberste Priorität.
Diesbezüglich werde ich auf jeden Fall für den zweiten Anlauf des Kickstarters noch Nachforschungen und vielleicht Anpassungen vornehmen.

Was hat sich seit dem 2. erfolgreichen Kickstarter (2022) zu diesem Thema getan:
Auf der Spiel 2022 war ich mit einer Miniatur Version meines Spiels unterwegs und konnte einen Chinesischen Verlag auf mich aufmerksam machen. Sie testeten das Spiel digital am Tabletop Simulator und waren so begeistert, dass sie mein Spiel auf Chinesisch lokalisieren wollten. In diesem Zuge verbrachte ich viel Zeit damit, Informationen beschaffen. Hier half zum Teil die Deutsche Spieleautorenzunft. In erster Linie rechtlich, beim Vertrag. Zu den Lizenzgebühren konnten sie mir wenig sagen. Autoren bekommen üblicherweise etwa 5-8% vom Händlerpreis (etwa 50% vom MSRP). Danach war es schon deutlich schwieriger Informationen zu sammeln. Tatsächlich habe ich dann herausgefunden das es als Verleger wie auch oben beschrieben, etwa 5-8% sind, aber vom MSRP, also dem Doppelten eines Autors erhält. Immerhin hatte man ja schon sehr viel Arbeit im Vorfeld erledigt. Ich erhielt dann 7% und der Chinesische Verlag kümmerte sich komplett um die Übersetzung und Vertrieb in China.

Hast du Erfahrungen mit Spieleverlagen gemacht? Würdest du es wieder mit einem Verlag oder im Eigenverlag versuchen? Was hast du gelernt aus der Erfahrung? Gibt es Fragen die noch offen sind?

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